Zugleich Abgrenzung zur gesetzlich vorgeschriebene Bürgerbeteiligung oder auch zur Frage: wie verhält sich das beides gar zu Entscheidungen per Volksabstimmung im Rahmen der repräsentativen Demokratie?
Was ist Bürgerbeteiligung oder Öffentlichkeitsbeteiligung eigentlich und wann macht man das und wie? Wer initiiert einen Beteiligungsprozess innerhalb der Stadtgesellschaft und wann? Und vor allem stellten wir uns als Dienstleister für die inhaltliche Organisation und Umsetzung der Prozesse dieser Formate – auch genannt “Nachbarschaftsforum” oder “Mitmachen” oder “Bürgerwerkstadt” – die Frage, wie eine Bürgerbeteiligung sich in die repräsentative Demokratie einpasst. Denn immer wieder müssen wir feststellen, dass eine Beteiligung nur dann Erfolg hat, wenn sie in einem zulässigen und transparent kommunizierten rechtlichen Rahmen durchgeführt wird. Sonst verlieren bei Unklarheit alle , der einbezogene Bürger, der Hoffnung hat, dass gerade seine Meinung mitgenommen wird und die Verwaltung, die nicht alle Auffassungen umzusetzen vermag.
Doch der Reihe nach. Verfassungsrang hat die repräsentative Demokratie. Die ist die Herrschaft des Volkes, früher auf den griechischen Marktplätzen – für nicht versklavte Männer – mit Handabstimmung erschaffen. Wegen der großen Bevölkerungsdichte ist die repräsentative Demokratie endlich auch mit dem Wahlrecht für alle ab einem bestimmten Alter erfunden worden. Wir wählen ab einer Gruppengröße einzelne Vertreter, die in unserem Sinne handeln und unseren Willen repräsentieren sollen. Den Stadtrat, den Landtagsabgeordneten oder den Bundestagsabgeordneten. Die Wähler ordnen ihre Vertreter in die Parlamente ab. Das ist nicht verhandelbarer Verfassungsrang. Darüber ist die Vertretung der Bürger abschließend sichergestellt. Dies scheint gerade in der Kommune nicht auszureichen, da auch die selbst bestimmten Kommunen global eingebunden sind und die politische Weltlage vor Ort angekommen ist. Mobilität, Immobilien als Finanzprodukte, Digitalisierung und Schwächung des stationären Einzelhandels, Klimawandel und veränderte Arbeitswelten ändern rasant das Miteinander der Stadtgesellschaft.
In Bundes – und Landesverfassungen sind gesetzlich vorgeschrieben die Öffentlichkeitsbeteiligungen nach klar geregelten Abläufen vor allem im Baugesetzbuch (BauGB) zu planungsrechtliche relevanten Vorhaben. Findet eine solche Anhörung oder Beteiligung nicht oder fehlerhaft statt, ist sie rechtlich angreifbar oder gar Schall und Rauch.
Zusätzlich sind im vergangenen Jahrzehnt Beteiligungsformate außerhalb gesetzlich vorgeschriebenen öffentlichen Anhörungen und den verpflichtenden Bürgerbeteiligungen entstanden. Heute stehen im Grundsatz entlang des gewünschten Beteiligungsgrades der Bürgerschaft drei Formate zur Verfügung: Information, Konsultation und Kooperation. Informelle Öffentlichkeitsbeteiligung kann im Bereich der Information das gesetzlich vorgeschriebene Mindestmaß ergänzen.
Die Idee. Fragen wir die Macher
Unser Kooperationspartner Neuland Quartier https://www.neulandquartier.de/ hat methodisch untersucht, wie die Begriffe Bürgerbeteiligung und Information der Öffentlichkeit wahrgenommen und eingesetzt werden. Dazu haben wir gemeinsam zunächst die Begrifflichkeiten im Rahmen unserer repräsentativen Demokratie gesetzlich eingeordnet und dann Befragungen systematisch durchgeführt. So ist eine kleine Studie entstanden, die wir Ihnen im Mai auch an dieser Stelle vorstellen wollen.
Last but not least
Übrigens: Sogenannte echte Volksentscheide sind nur auf Landesebene möglich und nur ausnahmsweise bindend, wenn über konkrete Gesetzesentwürfe abgestimmt wird. Angesichts der schieren Anzahl von Gesetzesvorschlägen würden bundesweit eingeführte Plebiszite schon rein technisch gar nicht möglich, sondern nur gebündelt machbar sein. Über die Inhalte müsste dann eine vorab gebildete Kommission oder ein ähnliches Format entscheiden. Politik und Verwaltung müssten dann eher handwerklich vorarbeiten und stünden in engeren Dialog miteinander. Bisher Zukunftsmusik, die sicher zur intensiveren Teilhabe und Teilnahem einer sich immer weiter von “der Politik” abwendenden Bevölkerung führen würde. Der Hauptkritikpunkt ist hierzu, dass Volksabstimmungen nur einer gebildeten Elite mit Zeit erlaubt, sich mit den komplexen Themen zu befassen und keiner mehr Verantwortung trage. Insgesamt sind neue Wege notwendig, um die Zivilgesellschaft zu guter Debatte und Teilnahme einzuladen.